Orthopäden aus Vietnam zu Gast in Freudenberg

Dr. Birgit Schulz (2. von rechts) aus dem Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg und ihr pensionierter Kollege Dr. Erich Lange (links) operierten im vergangenen Jahr in Vietnam. Nun sind Professor Dr. Do Phuoc Hung (2. von links) und Dr. Ngyuen Trung Hieu (rechts) nach Deutschland gekommen, um Schulteroperationen zu erlernen.
Dr. Birgit Schulz (2. von rechts) aus dem Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg und ihr pensionierter Kollege Dr. Erich Lange (links) operierten im vergangenen Jahr in Vietnam. Nun sind Professor Dr. Do Phuoc Hung (2. von links) und Dr. Ngyuen Trung Hieu (rechts) nach Deutschland gekommen, um Schulteroperationen zu erlernen.

„Ich führe etwa fünf Kreuzbandoperationen und fünf Gelenkspiegelungen durch.“ So schildert Dr. Birgit Schulz, Oberärztin der Unfall- und orthopädischen Chirurgie am Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg, nicht einen Arbeits-, sondern einen Urlaubstag. Die Chirurgin ist seit 2001 neunmal auf eigene Kosten nach Vietnam gereist, um dort unentgeltlich zu behandeln und ihren dortigen Kollegen verschiedene Schulter- und Knieoperationen beizubringen. Zwei dieser vietnamesischen Mediziner haben nun ebenfalls die zwanzigstündige Reise angetreten, um als Gastärzte im Diakonie Klinikum Bethesda zu lernen. Professor Dr. Do Phuoc Hung leitet die Arthroskopische Chirurgie der Abteilung für Orthopädie an der Universitätsklinik von Saigon und bleibt für sechs Wochen. Dr. Ngyuen Trung Hieu ist Facharzt für Orthopädie und Assistenzarzt, operiert ebenfalls an der Universitätsklinik von Saigon und ist für drei Monate in Freudenberg zu Gast. Besonders interessieren die beiden Orthopäden sich für Gelenkspiegelungen und andere Operationen der Schulter. „In Vietnam beherrschen das nur sehr wenige Ärzte“, erklärt Schulz. „In der zwölf Millionen-Einwohner-Stadt Saigon gibt es beispielsweise nur drei.“ Deshalb führte Schulz im vergangenen Jahr in Vietnam gemeinsam mit Hung den ersten Schulterkongress des Landes durch. Hierbei standen nicht nur Vorträge, sondern auch Live-Operationen und Workshops auf dem Programm. „Wir haben zudem OP-Schwestern fortgebildet“, schildert die Chirurgin. „Das war dort bislang nicht üblich, ist aber auf großen Zuspruch gestoßen.“ Unterstützung erhielt Schulz von ihren Mitreisenden: Unter anderem begleiteten sie drei OP-Schwestern und Dr. Erich Lange. Lange war bis zu seiner Pensionierung als Chefarzt der Chirurgie am Diakonie Klinikum Bethesda tätig. Als Vorbereitung für die Reise kehrte er für mehrere Monate in seine angestammten Operationssäle zurück. Er assistierte Schulz ehrenamtlich bei vielen Schultereingriffen, um selbst neue Operationsmethoden zu lernen und diese in Vietnam zu lehren. „Ich habe mir insgeheim schon immer vorgestellt, in meinem Ruhestand für eine gewisse Zeit in das Ausland zu gehen“, beschreibt Lange seine Motivation. „Deshalb habe ich das Angebot gerne als eine Herausforderung angenommen.“ Es interessiert ihn, sich ausländische Krankenhäuser anzusehen und zu erfahren, wie diese funktionieren oder wie dort die Patienten untergebracht sind. „Für Mitteleuropäer wären Zustände wie in vietnamesischen Krankenhäusern unvorstellbar“, sagt Schulz. „Sogar auf den Balkonen stehen Liegen und es gibt Säle mit mehr als 50 Betten.“ Auch die technische Ausstattung der Kliniken ist nicht so gut, wie in Deutschland: „Es mangelt an Geld und dadurch auch an medizinischen Instrumenten.“ Trotzdem versucht das Krankenhauspersonal, alles zu ermöglichen. Schulz ist immer wieder von dem Organisationsgeschick und dem Erfindungsgeist beeindruckt. „Wenn wir nach Vietnam reisen, nehmen wir aber auch medizinische Ausstattung mit.“ Dafür opfert das Team die Hälfte des persönlichen Gepäcks. Schulz schätzt, dass vietnamesische Krankenhäuser gegenüber deutschen etwa 20 bis 30 Jahre im Rückstand sind. Dies liegt daran, dass es wegen des UN-Embargos über lange Zeit keinen Wissensaustausch mit westlichen Ländern gegeben hat. Auch die Hygienestandards unterscheiden sich stark von den deutschen. „Oft stehen zwei Tische in einem Operationssaal, an denen parallel operiert wird.“ Außerdem werden viele Dinge mehrfach benutzt, für die in Deutschland nur ein einmaliger Gebrauch vorgesehen ist. „Zu meinem Erstaunen hat es aber so gut wie nie Entzündungen und Infektionen gegeben“, berichtet Schulz. Sie beschreibt die Mentalität und die positive Einstellung der Vietnamesen als sehr angenehm. „Sie haben keinen ängstlichen Gesichtsausdruck, wenn sie operiert werden müssen.“ Sie sind froh, dass ihnen geholfen wird. Das Ziel des deutschen Teams rund um Schulz ist es, immer mehr Mediziner auszubilden, damit sich die Operationsmethoden auch in dem südost-asiatischen Land durchsetzen. „Genau wie in Deutschland, müssen auch unsere vietnamesischen Kollegen mit positiven Beispielen von der Notwendigkeit einer neuen Behandlungsmethode überzeugen, damit finanzielle Mittel für die erforderliche Ausstattung bewilligt werden.“ Schulz plant derzeit bereits die nächste Reise: Ende des Jahres wird sie wieder einigen vietnamesischen Patienten unter aufmerksamen Blicken wissbegieriger Kollegen helfen.

Quelle: Diakonie

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