Wenn der Chirurg zum Detektiv wird

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Seltene Diagnosen waren Thema beim Freudenberger Gelenktag

Siegen/Freudenberg. Der 6. Freudenberger Gelenktag war eine Aufforderung, bei Diagnosen gelegentlich um die Ecke zu denken. Rund 100 Zuhörer aus unterschiedlichen medizinischen Arbeitsbereichen hörten im Haus der Siegerländer Wirtschaft in Siegen Vorträge von leitenden Chirurgen aus dem Diakonie Klinikum Bethesda sowie Dr. Bernd Fillmann aus dem St. Josef-Hospital in Bonn. Leitthema waren seltene Diagnosen und ungewöhnliche Einflussfaktoren, denn nicht immer liegen die Ursachen von Krankheiten auf der Hand. Dr. Patrick Sweeney, Chefarzt der Unfall- und orthopädischen Chirurgie, sprach beispielsweise über Beschwerden bei künstlichen Kniegelenken. Er betonte, dass nach der Operation oft viel Geduld nötig ist, bis der Patient keine Beschwerden mehr hat. „Laut einer Studie verspüren 14 Prozent ein Jahr nach dem Eingriff noch Schmerzen, nach fünf Jahren so gut wie niemand mehr“, erklärte Sweeney. „Aber natürlich muss der Chirurg abklären, was die Schmerzen verursacht.“ Der Mediziner wies darauf hin, dass auch die psychische Gesundheit des Patienten sowie die Kommunikationsfähigkeit und die Vertrauenswürdigkeit des Arztes den Heilungsverlauf beeinflussen können. „Nicht jeder, bei dem wir keine körperlichen Ursachen für die Schmerzen finden, ist ein Simulant.“

Egon Papior (2. von rechts), Vewaltungsleiter des Diakonie Klinikums Bethesda , eröffnete den Freudenberger Gelenktag. Die Chirurgen Dr. Bernd Fillmann aus dem St. Josef-Hospital in Bonn sowie Dr. Birgit Schulz, Dr. Marius Passon und Dr. Patrick Sweeney aus dem Diakonie Klinikum Bethesda (von links) informierten über seltene Diagnosen.
Egon Papior (2. von rechts), Vewaltungsleiter des Diakonie Klinikums Bethesda , eröffnete den Freudenberger Gelenktag. Die Chirurgen Dr. Bernd Fillmann aus dem St. Josef-Hospital in Bonn sowie Dr. Birgit Schulz, Dr. Marius Passon und Dr. Patrick Sweeney aus dem Diakonie Klinikum Bethesda (von links) informierten über seltene Diagnosen.

Schulterspezialistin Dr. Birgit Schulz ging auf Verletzungen der sogenannten Subscapularis-Sehne ein. Diese reißt häufig bei Treppenstürzen oder verschleißt bei älteren Menschen. „In der Fachliteratur wird die Sehne erst seit acht Jahren ausführlicher erwähnt“, sagte Schulz. „Dabei verursacht sie gar nicht selten Beschwerden.“  Weniger oft leiden hingegen Patienten unter dem Halsrippensyndrom, das Dr. Marius Passon, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie, vorstellte. Hierbei sind in Höhe der oberen Rippen einige Blutgefäße eingeengt, was zu Schmerzen und Gefühlsstörungen in Armen und Händen führt. „Konservative Behandlungen wie Wärmetherapie oder Massagen sollten immer die erste Wahl sein“, erläuterte Passon. „Die Operation ist kompliziert und birgt Risiken.“ Über einen seltenen Fall anderer Art berichtete der Bonner Chirurg Dr. Bernd Fillmann. Er erlebte bei einer Patientin ungewöhnliche Komplikationen nach einem Bruch im Handgelenk. Nach längerer Suche fanden die Ärzte die Ursache: Die Frau hatte sich Wochen vor dem Knochenbruch bei der Gartenarbeit eine Schramme zugezogen und mit Tetanus infiziert. „Das kommt in Deutschland weniger als zehnmal jährlich vor“, sagte Fillmann. „Aber der Fall zeigt, dass es sich lohnt, manchmal auch ungewöhnliche Dinge zu bedenken.“

Auch für das kommende Jahr planen die Organisatoren Dr. Birgit Schulz und Dr. Patrick Sweeney wieder einen Gelenktag. „Das Angebot hat sich etabliert, offenbar kommt unser Konzept gut an“, sagte Egon Papior, Verwaltungsleiter des Diakonie Klinikums Bethesda. Das zeigen auch die Besucherzahlen – weil die ursprünglichen Räumlichkeiten in Freudenberg zu klein geworden sind, fand die Veranstaltung bereits zum zweiten Mal im Haus der Siegerländer Wirtschaft statt.

Quelle: Diakonie
Fotos: Diakonie & © pankajstock123 – Fotolia.com

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