Risikofaktor „Familiärer Darmkrebs“

Cancer woman

Der März ist der Darmkrebsmonat und Krebszentren wie das am St. Marien-Krankenhaus Siegen machen auf die „schleichende“ Erkrankung aufmerksam. Einen besonderen Augenmerk wird dieses Jahr auf den „familiären Darmkrebs“ gelegt.

Etwa ein Drittel der Menschen, die an Darmkrebs erkranken, haben ein familiär erhöhtes Risiko für diese Erkrankung. Insgesamt sind in Deutschland etwas vier Millionen Menschen davon betroffen. Die meisten haben entweder überhaupt keine Kenntnis davon, dass es in ihrer Familie ein erhöhtes Risiko für diese Krebserkrankung gibt, oder wissen nicht, dass für sie andere Vorsorgeempfehlungen gelten als für Menschen ohne familiäre Belastung.

Es gibt gegenwärtig keine praktischen Maßnahmen, um Menschen mit erhöhtem Darmkrebsrisiko in der ärztlichen Alltagspraxis frühzeitig zu identifizieren und über geeignete Vorsorgestrategien aufzuklären. Umso wichtiger ist es, die betroffene Personengruppe darüber aufzuklären, was das Vorliegen eines familiären Risikos für sie bedeutet, wie sie es erkennen und auf welche Weise sie sich wirkungsvoll vor Darmkrebs schützen können.  Das Gesundheitsportal „doqtor“ hat bei der Felix-Burda-Stiftung nachgefragt.

doqtor: Was versteht man unter einem familiär erhöhten Darmkrebsrisiko?

Wenn in einer Familie in mehreren Generationen einer Linie jeweils ein oder mehrere Fälle von Darmkrebs vorkamen/-kommen. Von einem familiär erhöhten Risiko spricht man aber auch im Zusammenhang mit dem Risiko aller direkter Verwandter (Eltern, Geschwister, Kinder) derjenigen Personen, die erstmals in einer Familie an Darmkrebs erkranken.

doqtor: Wer ist von einem familiär erhöhten Darmkrebsrisiko betroffen?

Jeder direkte Verwandte eines Darmkrebspatienten. Auch direkte Verwandte von Personen, bei denen Polypen (Adenome) und von Personen, bei denen Magen-, Eierstock-, Gebärmutter- und/oder Harnleiterkrebs erkannt wurden, sind betroffen.

doqtor: Um wie viel erhöhte sich das eigene Darmkrebsrisiko, wenn ein direkter Verwandter Darmkrebs hat?

Bei einem Fall von Darmkrebs in der Familie verdoppelt bis verdreifacht sich das Risiko aller direkten Verwandten (Eltern, Geschwister, Kinder), ebenfalls an Darmkrebs zu erkranken.

doqtor:  Um wie viel höher liegt das eigene Risiko, wenn zwei oder mehr meiner direkten Verwandten an Darmkrebs erkrankt sind und wenn es in der Familie eventuell auch noch Fälle von Magen-, Eierstock-, Gebärmutter- und/oder Harnleiterkrebs gibt?

Wenn mehrere direkte Verwandte an Darmkrebs erkrankt sind, liegt der Verdacht nahe, dass eine erbliche Form von Darmkrebs vorliegt. Gleiches gilt für das Auftreten von Magen-, Eierstock-, Gebärmutter- und/oder Harnleiterkrebs in Verbindung mit Darmkrebs. Bei erblichem Darmkrebs steigt das Risiko direkter Verwandter, ebenfalls an diesem Krebs zu erkranken, auf 60-80% an.

doqtor: Ab welchem Alter kann ich von einem familiär erhöhten Darmkrebsrisiko betroffen sein?

Bei direkten Verwandten von Darmkrebspatienten (Eltern, Geschwister, Kinder) ist das Risiko, an Darmkrebs und/oder Darmpolypen (Adenomen) zu erkranken, gegenüber der Normalbevölkerung um 10 Jahre vorverlegt. Steigt das Risiko bei durchschnittliche belasteten Personen ab dem Alter von 50 Jahren steil an, ist dies bei familiär belasteten Personen bereits ab dem Alter von 40 Jahren der Fall. Liegt in einer Familie ein erbliches Darmkrebsrisiko vor, erhöht sich das Risiko für direkte Verwandte hingegen bereits ab dem Alter von 20-25 Jahren.

doqtor: Kann ich das Entstehen von Darmkrebs trotz des Vorliegens eines erhöhten familiären Risikos vermeiden?

Auch für Menschen mit familiär erhöhtem und/oder erblichem Darmkrebsrisiko gilt, dass sich das Entstehen von Krebs durch das rechtzeitige Erkennen von Krebsvorstufen (Polypen/Adenomen) verhindern lässt. Personen mit erblicher Belastung müssen allerdings andere Vorsorgeregeln als die Normalbevölkerung befolgen.

doqtor: Welche Vorsorgemöglichkeiten werden mir im Fall eines erhöhten Darmkrebsrisikos empfohlen?

Allen Personen, die von einem familiär erhöhten oder erblichen Risiko betroffen sind, wird empfohlen, Darmkrebsvorsorge ausschließlich mittels Darmspiegelung durchzuführen. Stuhltests, wie sie der Bevölkerung mit durchschnittlichem Risiko ab dem Alter von 50 Jahren angeboten werden, werden bei belasteten Personen als nicht ausreichend angesehen.

doqtor: Ab welchem Alter sollte ich bei Vorliegen einer familiären Belastung mit der Darmkrebsvorsorge beginnen?

Bei moderater Belastung (ein direkter Verwandter mit Darmkrebs) empfehlen Experten, 10 Jahre vor dem Alter, in dem der Verwandte an Darmkrebs erkrankte, spätestens jedoch im Alter von 40 bis 45 Jahren, mit der Vorsorge zu beginnen. Das familiäre Risiko ist umso höher, je früher der Zeitpunkt der Diagnosestellung bei dem erkrankten Verwandten war. Wurde Darmkrebs bei diesem z. B. bereits im Alter von 40 oder 45 Jahren erkannt, sollten alle direkten Verwandten mit 30 bzw. 35 Jahren mit der
Darmkrebsvorsorge beginnen. Bei erblicher Belastung (mehrere Verwandte mit Darm-, Magen-, Eierstock-, Gebärmutter und/oder Harnleiterkrebs) sollten präventive Darmspiegelungen bereits ab dem Alter von 25 Jahren durchgeführt werden.

doqtor: Wie erkennt man, ob in der Familie ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs besteht?

Wer an Darmkrebs erkrankt ist, muss wissen, dass aufgrund seiner eigenen Erkrankung alle direkten Verwandten (Eltern, Geschwister, Kinder) ein erhöhtes Risiko für diesen Krebs haben, und sollte seine Verwandten entsprechend aufklären und zur Teilnahme an einer präventiven Untersuchung motivieren. Da in vielen Familien nicht offen über Krebserkrankungen von Angehörigen gesprochen wird, ist das wirksamste Mittel, um das Vorliegen einer familiären Belastung festzustellen, die Familienforschung: Wer in der Familie war/ist an welchem Krebs gestorben/erkrankt? Sind bei nahen Verwandten bösartige Tumore des Darms, Magens, Eierstocks, der Gebärmutter und/oder der Harnleiter aufgetreten, und wenn ja, in welchem Alter? Ein wichtiges Indiz für die Einschätzung des eigenen Darmkrebsrisikos ist das Alter, in dem die betroffenen Familienmitglieder mit Darmkrebs und/oder Darmpolypen bzw. Magen-, Eierstock-, Gebärmutter oder Harnleiterkrebs diagnostiziert wurden. Je jünger das Alter bei Diagnosestellung, desto höher das Risiko, bereits in jungen Jahren an
Darmkrebs zu erkranken.

doqtor: Übernimmt meine Versicherung die Kosten für die Darmspiegelung vor dem Alter von 55 Jahren, wenn ich eine familiäre Belastung habe?

Bei familiärer Belastung zahlt die gesetzliche Krankenversicherung die präventive Darmspiegelung altersunabhängig.

doqtor: Was muss ich tun, wenn ich feststelle, dass ich eine familiäre Belastung für Darmkrebs habe?

Am besten lässt man sich von einem Facharzt für den Magen-/Darmtrakt (Gastroenterologe) über das weitere Vorgehen und die risikoangepasste Vorsorge beraten. Bei Verdacht auf Vorliegen eines erblichen Risikos ist es sinnvoll, dass sich die Familie außerdem von einem Humangenetiker beraten lässt.

Das größte Darmmodell Europas war vor einiger Zeit zu Gast im Marienkrankenhaus in Siegen.
Das größte Darmmodell Europas war vor einiger Zeit zu Gast im Marienkrankenhaus in Siegen.

Über die Felix Burda Stiftung:

Die Felix Burda Stiftung mit Sitz in München wurde 2001 von Dr. Christa Maar und Verleger Prof. Dr. Hubert Burda gegründet und trägt den Namen ihres 2001 an Darmkrebs verstorbenen Sohnes. Die international aktive Stiftung widmet sich aus diesem persönlichen Antrieb heraus ausschließlich der Prävention von Darmkrebs und ist heute eine der bekanntesten, gemeinnützigen Institutionen in diesem Bereich in Deutschland. Sie gilt als wichtiger Impulsgeber in der Marketing-Kommunikation der Chancen der Darmkrebsvorsorge und -früherkennung und als anerkannte treibende Kraft in diesem Bereich. Zu den Projekten der Stiftung zählen der 2002 initiierte, bundesweite Darmkrebsmonat März, sowie der 2003 geschaffene Felix Burda Award, mit dem Menschen, Institutionen und Unternehmen für herausragendes Engagement im Bereich der Darmkrebsvorsorge geehrt werden.

Bereits zweimal veranstaltete das St. Marien-Krankenhaus Siegen eine große Publikumsveranstaltung, bei der zur Sensibilisierung der Bevölkerung Europas größtes begehbares Darmmodell ausgestellt wurde. Dieses wurde von der Burda-Stiftung zur Verfügung gestellt.

Text: Christian Kreuzberg/Felix Burda Stiftung
Foto: © Photographee.eu – Fotolia.com

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