Rücken oder Bauch?

Neugeborene sollten als Schutz vor dem plötzlichen Kindstod nachts auf dem Rücken schlafen

Eltern lernen in Babykursen, dass Neugeborene als Schutz vor dem plötzlichen Kindstod nachts auf dem Rücken schlafen sollen. Allerdings verformt diese Schlafposition häufig den Hinterkopf des Neugeborenen. Kommt es zu schweren Deformitäten, kann aus dem zunächst rein kosmetischen Problem sogar eine schmerzhafte Belastung der Halswirbelsäule oder des Kiefers werden. Chirurgen raten deshalb, das Köpfchen auf ein Lagerungskissen zu legen, das die hintere Partie frei in der Luft schweben lässt. „Mit dieser einfachen Maßnahme lässt sich eine Kopfverformung vermeiden“, erklärte Professor Dr. med. Joachim Jähne, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, zum Chirurgenkongress in Berlin. Bemerken Eltern eine Verformung, sollten sie früh einen Spezialisten aufsuchen.

Schläft das Neugeborene jede Nacht auf dem Rücken, kann der noch leicht verformbare Hinterkopf durch den Druck gegen die Unterlage abflachen. Genaue Zahlen, wie viele Kleinkinder von einer solchen Deformität betroffen sind, liegen nicht vor. „Ich sehe aber jede Woche drei bis vier neue Fälle in meiner Sprechstunde“, berichtet Professor Dr. med. Guido Fitze, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Dresden. „Das ist ein häufiges Problem.“ Jedes 200. Kind könnte betroffen sein, schätzt der Mediziner.

Um dies zu verhindern, sollten Eltern den Kopf des Neugeborenen über Nacht auf einem Lagerungskissen betten. Dabei handelt es sich um eine Art „Lochkissen“, bei dem der Hinterkopf frei in der Luft schwebt. Kostenpunkt: zwischen 30 und 50 Euro. „Hilfreich ist es auch, wenn die Eltern das Kind aus verschiedenen Richtungen ansprechen, um eine bevorzugte Seitenhaltung des Kopfes zu vermeiden“, so Fitze. Tagsüber liegt der Nachwuchs am besten auf der Seite oder dem Bauch.

„Kommt es zu einer Abflachung des Hinterkopfes, sollte frühzeitig mit einer Therapie begonnen werden“, betont Fitze. Leichte Deformitäten lassen sich im ersten Lebensjahr gut durch manuelle Therapien wie Osteopathie, Physiotherapie und Chiropraktik korrigieren, die mit einer Art Reflexzonentraining bestimmte Bewegungsabläufe stimulieren und Halswirbelblockaden auflösen. „Die Behandlungen erstrecken sich über mehrere Monate“, so Professor Fitze.

Liegt eine stärkere Deformität vor, hilft die Helmtherapie. Dabei handelt es sich um eine Kopforthese, die dauerhaft getragen wird und das Wachstum des Schädels gezielt in die gewünschte Richtung lenkt. Da der Schädel im ersten Jahr besonders schnell wächst – er nimmt zwölf bis dreizehn Zentimeter an Umfang zu –, sollte mit der Helmtherapie um den sechsten Lebensmonat begonnen werden. „In dieser Wachstumszeit kann der Helm die Verformung am besten korrigieren“, erklärt Fitze. Die Behandlung dauert in der Regel drei bis sechs Monate. „Trägt das Kind die Orthese konsequent an 23 von 24 Stunden am Tag, sind die Ergebnisse sehr gut“, berichtet der Kinderchirurg. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Helm, einige zahlen anteilsmäßig. Eine Orthesen-Behandlung kostet insgesamt rund 1700 Euro.

Bis ins Vorschulalter besteht die Möglichkeit, dass sich Verformungen wieder auswachsen. „Schwere Verformungen, die auch die Gesichtspartie betreffen, sind nicht nur ein kosmetisches Problem“, betont Professor Fitze. Es wird angenommen, dass sie auch zu einer frühzeitigen Abnutzung der Halswirbelsäule oder einer Fehlbelastung der Kiefergelenke führen können, die häufig schmerzhaft ist.

Autor: Christian Kreuzberg

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