Adipositas im Jugendalter nimmt zu

Dicker Jugendlicher isst zwei Hamburgerrs 2

Teilhabe am Leben und Erfolg auf dem Arbeitsmarkt erleichtern

In Deutschland leben circa 200 000 Jugendliche mit einer extremen Form des Übergewichts (extreme Adipositas). Als 15-Jährige bringen sie mitunter 150 Kilogramm auf die Waage. Die Folgen davon sind Diabetes Typ 2, Gelenkbeschwerden, ein Schlaf-Apnoe-Syndrom oder Bluthochdruck. Aber auch die Psyche der Betroffenen leidet. Mit Diäten allein schaffen sie es nicht, ihre Gewichtsprobleme zu lösen und sich aus sozialer Isolation zu befreien.

Jugendliche mit extremer Adipositas werden von Gleichaltrigen ausgegrenzt, gehänselt und von Erwachsenen diskriminiert. Viele ziehen sich von Mitschülern und Eltern zunehmend zurück und finden nach Schulabschluss oft auch keine Ausbildungsstelle. „Fettleibige junge Menschen neigen zu Depressionen und selbstverletzendem Verhalten, sie werden auch häufiger straffällig“, berichtet Professor Dr. med. Martin Wabitsch, Leiter Abteilung für experimentelle und klinische Endokrinologie, Diabetologie und Adipositas an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm und Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V..

Für Beratungen und Therapieprogramme sind Betroffene kaum zu motivieren. Diäten lehnen sie nach gescheiterten Therapieprogrammen und Selbstversuchen in der Regel ab. „Um überhaupt Kontakt zu solchen Jugendlichen zu bekommen, steht daher die Gewichtsabnahme nicht im Zentrum unserer Angebote“, sagt Professor Wabitsch: „Die vorrangigen Ziele sind die Steigerung des Selbstbewusstseins, die Unterstützung bei der Jobsuche und die frühzeitige Diagnose und Behandlung von Folgekrankheiten.“ Die medizinischen Untersuchungen bieten oft Gelegenheit, gesundheitliche Folgen der Adipositas zu besprechen und gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. „Da sich Abnehmprogramme auch mit psychologischer Unterstützung weitgehend als wirkungslos erwiesen haben, sprechen wir mit den Jugendlichen auch über die Option einer Operation“, erklärt Professor Wabitsch. Die sogenannten bariatrischen Eingriffe, bei denen der Magen verkleinert und/oder der Darm verkürzt wird, waren lange bei Jugendlichen tabu. Inzwischen werden sie durchgeführt und Professor Wabitsch prüft derzeit in der JA-Studie (www.ja-studie.de), die im Rahmen des Kompetenznetzes Adipositas vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, ob die chirurgischen Eingriffe bei Jugendlichen sicher und effektiv sind.

„Wir müssen aber auch erkennen, dass betroffene Jugendliche nicht allein für ihre Situation verantwortlich sind und gesamtgesellschaftliche Hilfe benötigen“, betont Professor Wabitsch. Nötig seien Eingliederungsmaßnahmen wie etwa eine Förderung der Berufsausbildung und die Schaffung entsprechender Arbeitsplätze. „Wir brauchen Regelungen und Kooperationen zur Gleichberechtigung von Menschen mit Adipositas“, so Wabitsch, Sprecher des Konsortiums „Jugendliche mit extremer Adipositas“ des Kompetenznetzes Adipositas.

 

 

 

 

Quelle: DGG, bearbeitet von doqtor
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