Pille danach: Beratung und Evaluation unabdingbar

Die "Pille danach" - ab 15. März ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.
Die „Pille danach“ ist seit März ohne Rezept in der Apotheke erhältlich.

Sie wurde lange diskutiert: die Rezeptfreiheit für die Notfallverhütung. Nun ist sie da, was von doqtor befragte Frauenärzte durchaus kritisch sehen. Denn in den Handlungsempfehlungen für die Beratung, die die Bundesvereinigung der Apothekerverbände für die Apotheken herausgegeben hat, enthalten nach deren Meinung Lücken. Dazu zählen im Wesentlichen

  • die nachlassende Wirkung von Levonorgestrel (LNG) bei einem Körpergewichtvon über 75 kg
  • die nachlassende Wirkung von Ulipristalacetat (UPA) bei einem Körpergewichtvon über 90 kg und
  • der Hinweis darauf, dass eine Kupferspirale eine sichere Alternative ist, die vom Körpergewicht der Frau unabhängig ist.
  • Auch ist eine Kupferspirale das Mittel der Wahl, wenn der Zeitpunkt des ungeschützten Sex bereits länger verstrichen ist.

Diese Details seien seit langem bekannt, was auch aktuelle Veröffentlichungen in den Fachpublikationen der Apotheker bestätigen. In den Unterlagen, die die Apothekerkammern ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen, fänden sie jedoch keine Erwähnung, kritisiert auch die DGGG. Die Kupferspirale wird in den Unterlagen der Apothekerkammern nicht erwähnt. Sie ist in jedem Fall die sicherste Notfallmaßnahme nach ungeschütztem Sex. Auch müssen Mädchen und Frauen unbedingt bis zum Eintreten der nächsten Monatsblutung nichthormonell verhüten, also mit einer Barrieremethode wie Kondom oder Diaphragma. Dies trifft auch dann zu, wenn sie die Pille einnehmen und dies – nach einem Einnahmefehler – nach der Verwendung der Notfallverhütung fortsetzen. Bis zur nächsten Menstruation wirkt die Pille nicht mehr, wenn eine Notfallverhütung vorgenommen wurde. Zudem schützt die Notfallverhütung nicht bei weiteren, späteren ungeschützten Sexualkontakten im gleichen Zyklus.

Frauenärzte der Region befürchten nun, dass diese wesentlichen Informationen in den Apotheken nicht in jedem Fall mit der gebotenen Dringlichkeit an Mädchen und Frauen weitergegeben werden. Eine fehlerhafte Beratung erhöht jedoch die Gefahr unerwünschter Schwangerschaften drastisch. Deutschland hat die weltweit niedrigste Rate an Schwangerschaftsabbrüchen bei Teenagern und eine der weltweit niedrigsten Raten an Schwangerschaftsabbrüchen überhaupt. Die Frauenärztinnen und Frauenärzte der Krönchenstadt wünschen sich, dass das so bleibt. Die derzeit festgelegten Inhalte für die Beratung in den Apotheken geben Anlass zu der Befürchtung, dass die Abbruchraten als Folge einer lückenhaften Aufklärung künftig ansteigen könnten.

Geplante Regelungen schützen nicht ausreichend vor Missbrauch

Schließlich ist zu befürchten, dass die vorgesehene Regelung zur Abgabe der Notfallverhütung Missbrauch nicht hinreichend ausschließt. So kann nach derzeitigem Stand das Arzneimittel auch durch Dritte gekauft werden; eine persönliche und vertrauliche Beratung des betroffenen Mädchens beziehungsweise der betroffenen Frau würde dann unterlassen. Gerade nach einem Gewaltdelikt innerhalb gefestigter sozialer Strukturen sehen Gynäkologen hier erhebliches Gefahrenpotential für die betroffenen Mädchen und Frauen.

Des Weiteren kann Vorratshaltung mit dem jetzigen Modell nicht ausgeschlossen werden. Wenn es dann höher dosiert wird als empfohlen und bereits eine Schwangerschaft vorliegt, so besteht die Gefahr lebensbedrohlicher Blutungen. Eine solche Komplikation könnte ausgeschlossen werden, wenn das Arzneimittel bereits in der Apotheke eingenommen werden muss.

Alle hier vorgebrachten Argumente sind der ABDA bekannt. Sie wurden jedoch in den Handlungsempfehlungen zur Abgabe der Notfallkontrazeption nicht umgesetzt.

Evaluation sollte helfen, Sicherheitslücken aufzudecken

Die Gynäkologen unterstützen die Forderung der Bundesärztekammer, die Einführung der Rezeptfreiheit für die Notfallverhütung über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg durch eine Evaluation zu begleiten. Zwischenberichte sollten in järhlichem Abstand vorgelegt werden. Inhalte dieser Evaluation müssten sein:

  • Meldungen zu Nebenwirkungen nach Einnahme von Mitteln zur Notfallkontrazeption
  • Statistik der Schwangerschaftsabbrüche bei Teenagern und bei volljährigen Frauen
  • Erhebung über die Entwicklung der Zahl der verkauften Packungen zur Notfallkontrazeption.

Mit einer solchen Evaluation könnte überprüft werden, ob die Einführung der Rezeptfreiheit mit Sicherheitsrisiken für Mädchen und Frauen verbunden war. Es könnten dann Maßnahmen getroffen werden, um diese möglichen Sicherheitslücken aufzudecken und zu schließen.

Text: Christian Kreuzberg/DGGG
Foto: Apothekerkammer Westfalen-Lippe

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