Vernetzen im Kampf gegen den Schlaganfall

Schlaganfall

Eine neue Therapie bewahrt Schlaganfall-Patienten mit großen Blutgerinnseln im Gehirn vor dauerhaften Behinderungen: Dies zeigen aktuelle Studien zur so genannten Thrombektomie, bei der Ärzte den Blutpfropf mechanisch aus dem Gefäß ziehen, anstatt ihn medikamentös aufzulösen. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) fordert, diese endovaskuläre Therapie flächendeckend verfügbar zu machen. Spezialisierte Schlaganfalleinheiten böten dafür eine tragfähige Basis, so die DSG, bräuchten aber zusätzliche Expertise.

Schlaganfall-Patienten, die in Deutschland rechtzeitig eine Stroke Unit erreichen, erhalten heute eine Behandlung auf sehr hohem Niveau“, erläutert Professor Dr. med. Darius Nabavi.

Derzeit gibt es in Deutschland 264 von der DSG zertifizierte Stroke Units – spezielle Einheiten in Kliniken, die auf die Versorgung von Patienten mit Schlaganfällen spezialisiert sind. Davon sind 99 überregionale Stroke Units technisch und personell verstärkt ausgestattet und unterstützen die übrigen 155 regionalen Stroke Units. „Schlaganfall-Patienten, die in Deutschland rechtzeitig eine Stroke Unit erreichen, erhalten heute eine Behandlung auf sehr hohem Niveau“, erläutert Professor Dr. med. Darius Nabavi. „Bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Patienten versuchen wir, das Blutgerinnsel durch die Infusion eines Medikaments in die Armvene aufzulösen.“ Dies gelinge aber nicht bei sehr großen Gerinnseln, also an Patienten mit besonders schweren Schlaganfällen. „Die endovaskuläre Thrombektomie, bei der mit einem Katheter das Gerinnsel aus der Hirnarterie gezogen wird, ist deshalb eine dringend benötigte Ergänzung für Schwerbetroffene“, sagt Professor Nabavi, der bei der DSG die Stroke Unit Kommission leitet. Der Experte schätzt, dass in Deutschland jährlich etwa 10 000 Patienten für die Behandlung in Frage kommen. Die neue Methode, die auch „mechanische Rekanalisation“ genannt wird, stellt allerdings besondere Anforderungen an die Ausstattung und die Ausbildung des ärztlichen Personals. So genannte Neuro-Interventionalisten müssen den Katheter-basierten Eingriff durchführen. „Wir stellen bereits seit 2012 sicher, dass jede zertifizierte überregionale Stroke Unit mindestens zwei Neuro-Interventionalisten am Standort verfügbar hat“, sagt Professor Nabavi. „Die aktuellen Studien belegen nun, dass die strukturelle Vorarbeit, die wir mit diesem Zertifizierungskriterium geleistet haben, richtig und wichtig ist.“ Viele überregionale Stroke Units hätten in den vergangenen Jahren durch Kooperationen in Netzwerken die Katheterbehandlung für möglichst viele Patienten sichergestellt. In Ballungsgebieten würden geeignete Patienten schon jetzt häufig in ein spezialisiertes Neurozentrum mit überregionaler Stroke Unit transportiert. In ländlichen Gebieten seien diese Strukturen jedoch noch nicht so gut ausgebildet. Der DSG-Experte rechnet insgesamt damit, dass aufgrund der neuen Studienergebnisse die Zahl der Eingriffe steigen wird. „Die Personalstruktur der überregionalen Stroke Units und neurointerventionellen Teams muss deshalb noch weiter gestärkt werden“, so Professor Nabavi. Die neue Behandlung erfordert große Expertise. „Wir benötigen hier eine Qualitätssicherung, die gewährleistet, dass kein Wildwuchs entsteht“, sagt Professor Nabavi. Als ein Instrument der Qualitätssicherung schlägt er die Neurovaskulären Netzwerke (NVN) vor, die sich in den zurückliegenden Jahren in Deutschland gebildet haben. Diese Fachkonferenzen von Neuromedizinern und Gefäßexperten sollten künftig für die notwendigen Kenntnisse und Fertigketen in der Anwendung des Spezialverfahrens sorgen. Zertifizierungskriterien sollten zudem Struktur und Qualität der NVN sicherstellen. Mitte 2015 wird die DSG auch die Zertifizierungskriterien für regionale und überregionale Stroke Units aktualisieren. Professor Nabavi: „Wir möchten rasch die organisatorischen Voraussetzungen für einen flächendeckenden Einsatz der Katheter-basierten Gefäßinterventionen in Deutschland schaffen.“

Quelle: DSG
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