Demonstration gegen Etikettenschwindel

Demo_in_Berlin

Die Krankenhäuser in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe sehen die Versorgungsqualität durch das sog. Krankenhausstrukturgesetz gefährdet. Aus diesem Grund machen sich etwa 100 Mitarbeiter aus den stationären Einrichtungen am 23. September auf den Weg nach Berlin, um auf die berechtigten Sorgen der Kliniken hierzulande aufmerksam zu machen.

Die Kliniken in Siegen-Wittgenstein und Olpe stellen die stationäre medizinische Versorgung für etwa 450.000 Bürger der Region sicher. Die Lage im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz bewirkt, dass zusätzlich weitere 25 Prozent der Patienten aus angrenzenden Regionen kommen. Die Häuser beschäftigen circa 10.000 Menschen und erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von über 600 Millionen Euro.

Aus Sicht der Kliniken wird das Gesetz den drängenden Problemen der Krankenhäuser in der Region nicht gerecht. Eine Umsetzung gefährdet sogar die Krankenhausversorgung und bewirkt damit das genaue Gegenteil, was von der Politik der Bevölkerung vollmundig versprochen wird.

„Die Patientinnen und Patienten brauchen eine Krankenhausreform, die die notwendige  personelle  und  sächliche  Ausstattung  der  Kliniken  sicherstellt, damit diese in Zukunft die hohe Qualität ihrer Versorgung aufrechterhalten und  weiter  verbessern  können“, erklärt Hans-Jürgen Winkelmann, Geschäftsführer des St. Marien-Krankenhauses Siegen, das Anliegen der Demonstranten.

„Die Krankenhäuser erwarten zurecht eine Reform, die endlich das fundamentale Problem der unzureichenden  Investitionsfinanzierung  durch das Land NRW löst. Wenn sich dieses auf Dauer seiner Verantwortung entzieht, sind Lösungen zu entwickeln, die dazu beitragen, diese unbefriedigende Situation zu überwinden“, pflichtet ihm Geschäftsführer-Kollege Bertram Müller vom Kreisklinikum Siegen bei. Die nach Berlin entsandten Mitarbeiter werden – wie ihre Kollegen, die zeitgleich eine aktive Mittagspause einlegen – diesem Problem besonders lautstark artikulieren.

„Unter dem Deckmäntelchen der Qualitätsorientierung zielt nämlich das geplante Gesetz auf die Schließung von Krankenhäusern. Hiervon sind insbesondere die kleineren Häuser der Region betroffen, die wegen der Lethargie der Landesregierung mehr zu kämpfen haben als Häuser in anderen Bundesländern“, kritisiert Dr. Josef Rosenbauer, Geschäftsführer der Diakonie in Südwestfalen. Gerade hier müsste das Land NRW seiner Verantwortung für die Sicherung der Daseinsvorsorge nachkommen und Planungssicherheit geben. „Dabei müsste vor allem der  demografischen  Entwicklung  Rechnung  getragen  werden. Eine älter werdende Bevölkerung braucht auch in unserer ländlich geprägten Region gut erreichbare, leistungsfähige Krankenhäuser mit kleineren und mittleren Betriebsgrößen“, fasst Wolfgang Nolte, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen, die Positionen der Kliniken zusammen.

Das Gesetz verspricht eine „Stärkung der Pflege am Bett“, führt aber zu einer massiven Verschlechterung der Situation gegenüber heute und verdient das Prädikat „Mogelpackung“. Das  Pflegestellenförderprogramm beispielsweise kann zwar neue Stellen bringen. Der vorgesehene Wegfall des Versorgungszuschlags bewirkt aber, dass für jeden neuen Mitarbeiter bis zu zwei gehen müssen. Die vorgesehenen neuen Abschlagsregelungen und Erlöskürzungen erhöhen den auf Kliniken und Personal  lastenden  Einspardruck abermals; sie sind fatal für die qualitätsorientierten Kliniken in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Sie werden mit massiven Abschlägen bestraft,  wenn sie aufgrund ihrer Expertise verstärkt in Anspruch genommen werden.

Das Gesetz ignoriert zudem beharrlich die Größenordnung der Probleme, die den Krankenhäusern erst dadurch erwachsen, weil Menschen im Notfall vorzugsweise Kliniken und nicht den niedergelassenen Arzt aufsuchen. „Ein Grund mehr, für die Menschen der Region in Berlin auf die Straße zu gehen“, so die Geschäftsführer unisono.

Quelle/Foto:
St. Marien-Krankenhaus

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