Multiples Myelom: Ein Tag für die Patienten

Experten standen im Diakonie Klinikum Jung-Stilling Rede und Antwort

Experten in Sachen Multiples Myelom (von links): Anna Butzek von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen, Dr. Martin Klump (Leiter des Interdisziplinäres Onkologisches Zentrum), Prof. Dr. Ralph Naumann (Leiter des Leukämie- und Lymphom-Zentrums), Prof. Dr. Dr. Jan-Falco Wilbrand (Chefarzt der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie), Heike Denk (Selbsthilfegruppe), Prof. Dr. Veit Braun (Chefarzt der Neurochirurgie), Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt (Studienleiter der Deutschen Studiengruppe Multiples Myelom (GMMG) am Universitätsklinikum Heidelberg) und Zentrumskoordinatorin Oksana Kurz.

Siegen. Knochenschmerzen, Infektanfälligkeit und Probleme mit den Nieren: Diese Symptome kennzeichnen das Multiple Myelom. Dieser bei den meisten Patienten nicht heilbaren Krebserkrankung von Zellen des Immunsystems, den Plasmazellen, widmete sich ein Patiententag im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen. Dass der Informationsbedarf groß ist, zeigte sich schnell: Nicht wenige der rund 90 Gäste im vollbesetzten Hörsaal hatten weite Anfahrtswege auf sich genommen, nicht nur aus Nordrhein-Westfalen, sondern auch aus Rheinland-Pfalz und Hessen.

Eine Einführung zur Erkrankung des Knochenmarks gab Dr. Martin Klump, Leiter des Interdisziplinären Onkologische Zentrums am „Stilling“: So führe die unregulierte Vermehrung von Plasmazellen dazu, dass die normale Blutbildung gehemmt werde. „Folgen sind Erschöpfungszustände und Infektanfälligkeiten.“ Zudem führe die Erkrankung zur Zerstörung der Knochenstruktur mit entsprechenden Schmerzen (Fehldiagnose: Rheuma) sowie zur Herstellung großer Mengen an krankhaftem Eiweiß im Körper. „Dies schädigt die Nieren“, so Dr. Klump.

Acht von 100 000 Menschen erkranken jährlich neu am Multiplen Myelom, die Tendenz ist steigend. Die Auslöser sind bislang unbekannt, eine Heilung ist bis dato nur bei sehr wenigen Patienten möglich. Die Therapien machten jedoch immense Fortschritte, wie Prof. Dr. Ralph Naumann, Leiter des Leukämie- und Lymphom-Zentrums des Diakonie Klinikums, erörterte. Die Behandlung richte sich nach strengen Kriterien – und orientiere sich insbesondere am Zustand des Patienten. Die Therapie startet bereits mit einer Vierfach-Immuntherapie. Chemotherapien kommen lediglich vor der Sammlung von Stammzellen oder bei einem Rückfall in Betracht. Moderne Ansätze schließen so genannte CAR-T-Zell-Therapien und bispezifische Antikörper ein. „Unser Ziel ist es, dass Menschen, die an einem Multiplen Myelom leiden, so damit umgehen können wie andere Patienten mit chronischen Krankheiten, wie zum Beispiel mit einem Bluthochdruck oder einem Diabetes“, so Prof. Dr. Naumann.

Problematisch an der Therapie: Diese bringt nicht selten unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Dazu zählen Kieferosteonekrosen, also offene, schwer verheilende Wunden in der Mundhöhle. Diesem Thema widmete sich Prof. Dr. Dr. Jan-Falco Wilbrand, Chefarzt der  Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am „Stilling“.  Besonders in den Fokus stellte er die orale Hygiene, die unter anderem auch professionelle Zahnreinigungen beinhalte, sowie regelmäßige zahnärztliche Kontrollen der Myelom-Patienten – auch schon vor Beginn einer Therapie.

Das Multiple Myelom zerstört bei vielen Patienten die Struktur der Knochen. Ist die Wirbelsäule befallen, droht es zu einer Querschnittslähmung zu kommen. Um diese zu vermeiden und die Wirbelkörper zu stabilisieren, kommt die so genannte Kyphoplastie zum Einsatz. Das Verfahren stellte Prof. Dr. Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie am „Stilling“, vor. Mit dem minimalinvasiven Eingriff ist es möglich, die Wirbelkörper mittels der Einspritzung von Zement stabil zu halten. 

Seit rund 30 Jahren beschäftigt sich Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt von der Universität Heidelberg mit dem Multiplen Myelom. Beim Patiententag schlüsselte er neue Therapiemöglichkeiten auf und beantwortete Fragen zur Therapie beim Rückfall, denn: „Beim Großteil der Patienten bleibt trotz Behandlung des Multiplen Myleoms weiterhin eine Resterkrankung bestehen. Das bedeutet, dass trotz erfolgreicher Therapie im Körper verbleibende Krebszellen dazu führen, dass die Krankheit zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausbrechen kann. Sobald so ein Rückfall, auch Rezidiv genannt, bei einer Untersuchung entdeckt wird, beginnt der behandelnde Arzt mit der Rezidivtherapie“, erläuterte der Experte.

Der Informationsbedarf der Gäste war groß. Fragen richteten sich an die Experten zu den Themen „Multiples Myelom und Osteoporose“ sowie zu den Kieferosteonekrosen. Weitere Themenfelder waren der Einsatz der medikamentösen oder Chemotherapie sowie der Einfluss einer gesunden Ernährung auf das Verlangsamen der Erkrankung.  Aufgrund der großen Resonanz soll es auch im kommenden Jahr wieder einen Patiententag zum Thema geben.

Infokasten Selbsthilfe
„Es gibt Dinge, die man nicht alleine schaffen kann“, dies stellte Anna Butzek von der Selbsthilfekontaktstelle der Diakonie in Südwestfalen beim Patiententag heraus. Sie zeigte auf, welch wichtigen Dienst die Gruppenarbeitet leistet, gerade für Betroffene von Krankheiten. Unter dem Dach der Organisation besteht auch eine Selbsthilfegruppe „Multiples Myelom“, die sich an jedem zweiten Dienstag im Monat ab 17.30 Uhr im Haus Obere Hengsbach in Siegen trifft. Die Leitung hat Heike Denk.

Weitere Infos gibt es unter Telefon 0271/5003 131 oder per Email an selbsthilfe@diakonie-sw.de.

Quelle/Foto: Diakonie in Südwestfalen

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