Heimtückische Krankheit Darmkrebs

Das größte Darmmodell Europas war vor einiger Zeit zu Gast im Marienkrankenhaus in Siegen.
Das größte Darmmodell Europas war vor einiger Zeit zu Gast im St. Marien-Krankenhaus in Siegen.

Körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und Krebsvorsorge-Untersuchungen sind wichtig, um Gesundheit und hohe Lebensqualität zu fördern. Darmkrebs ist die zweithäufigste Krebsart in Europa. Es ist eine tückische Krankheit, denn die Geschwulst wächst zunächst ohne Symptome zu verursachen. Darmkrebs trifft dabei Frauen und Männer im besten Alter, Menschen die sich körperlich fit fühlen und die in ihrem Leben noch eine Menge vorhaben. Über 100 Siegener erkranken jährlich neu an Darmkrebs, einer Erkrankung, die durch konsequente Teilnahme an den Vorsorgeprogrammen nahezu ausgerottet werden könnte. Bei fortgeschrittenem Darmkrebs ist Heilung oft nicht mehr möglich und es sterben jährlich mehr Siegerländer an Darmkrebs als im Straßenverkehr umkommen. Die doqtor-Redaktion sprach mit Dr. med. Heinrich Franz, Chefarzt der Medizinischen Klinik I – Gastroenterologie im St. Marien-Krankenhaus Siegen.

Dr. med. Heinrich Franz - Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Diabetologe DDG
Dr. med. Heinrich Franz – Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Diabetologe DDG

doqtor: Herr Dr. Franz, die kostenlose Vorsorgedarmspiegelung ab dem 55. Lebensjahr wird allen gesetzlich Krankenversicherten ja schon seit dem Jahr 2002 angeboten. Sind Aktionen wie „Europas größtes Darmmodell in Siegen“ denn auch im Jahr 2014 wirklich immer noch nötig?

Dr. med. Heinrich Franz: Ja! Aktuell gehen weniger als 10 Prozent der berechtigten Siegerländer pro Jahr zur Vorsorgedarmspiegelung. Um die Zahl der Darmkrebstoten deutlich zu senken, muss die Teilnehmerquote erheblich gesteigert werden.

 doqtor: Warum nehmen die Siegerländer nicht teil?

Dr. med. Heinrich Franz: ‚Schnierersch Erna‘ nimmt immerhin noch viel besser Teil als ‚Schnierersch Peter‘. Das ist besonders schade, da bei Männern deutlich mehr Darmkrebse als bei Frauen entdeckt werden und sie somit ganz besonders von der Darmkrebsvorsorge profitieren könnten.

doqtor: Warum ist das Bewusstsein für Vorsorgeuntersuchungen so gering ausgeprägt?

Dr. med. Heinrich Franz: Die moderne Medizin bietet ein Bündel von effektiven Instrumenten zur Prävention, die helfen können, die Gesundheit und eine gute Lebensqualität bis in ein hohes Alter zu erhalten. Das ist den meisten Menschen bekannt und bewusst. Vermutlich liegt es aber am ganz spezifischen ‚Imageproblem‘ mit dem Darm. Herzkatheter-Untersuchung klingt für den Laien weniger befremdlich als Darmspiegelung. Es ist eine Tabu-Zone, die man auch im Gespräch mit Freunden nicht offenbart.

doqtor: Warum ist denn die Darmkrebsvorsorge so effektiv?

Dr. med. Heinrich Franz: Vorsorge ist immer dann effektiv, wenn die Risikogruppe gut definiert werden kann und effektive Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Bei Menschen ab 50 Jahren finden sich oft Polypen, aber zunächst noch selten fortgeschrittener Darmkrebs. Das ist der ideale Zeitpunkt für eine Vorsorge-Untersuchung. Polypen wachsen gewöhnlich über viele Jahre und können bei einer Darmspiegelung sicher entfernt werden, bevor ein Krebs ausbricht.

doqtor: Welche Risiken schätzen Sie als besonders hoch ein, das heißt: für wen ist Vorsorge ganz besonders wichtig?

Dr. med. Heinrich Franz: Das Risiko an Krebs zu erkranken steigt nachweislich durch regelmäßiges Rauchen oder häufigen Alkoholgenuss, insbesondere von „Hochprozentigem“.  Die Vorsorgemaßnahmen auf diesem Gebiet stellen ein gesondertes und wichtiges Thema dar, das wir in allen Facetten auf dem Präventionstag Ende April vorstellen möchten.

doqtor: Herr Dr. Franz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Quelle/Autor:
Das Interview führte Gerd Braas

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