1. Mediziner Symposium zum Thema Flüchtlings-Medizin

Abandoned belongings and life jackets on the shore

Ein sachlicher Titel stand für ein brisantes Thema: Medizin für Flüchtlinge. Und das kurzzeitig als Hörsaal umfunktionierte Kino der Krombacher Erlebniswelt war gut gefüllt. Die Besonderheit: alles Ärztinnen und Ärzte der Region und deutlich mehr als hundert, die der Einladung von Prof. Dr. Frank Willeke und Dr. Karl-Heinz Ebert sowie der Ärztevereine aus Siegen und Olpe gefolgt waren. In dem Hauptvortrag des Heidelberger Tropenmediziners Prof. Dr. med. Thomas Junghanss blitzte immer wieder eine Erkenntnis auf, die sich mit einem Aphorismus zuspitzen lässt: „Theorie und Praxis unterscheiden sich in der Praxis weit höher als in der Theorie.“

Über die Fluchtrouten kommen auch Patienten mit Krankheiten, die deutsche Ärzte häufig nur aus dem Lehrbuch kennen. Eine Herausforderung ja, aber kein Grund zur Panik, so die Botschaft von Prof. Thomas Junghanss. Der renommierte Tropenmediziner klärte nicht nur über Denguefieber, Schlafkrankheit oder Malaria auf, er setzte sich auch mit Ängsten auseinander. „Flüchtlinge lassen gefährliche virale Infektionskrankheiten fast immer unterwegs“, betonte Junghanss und zeigte die vorwiegend begrenzte Aktivität von Erregern auf. Er ermunterte die Ärzteschaft, sich bei der Befundung nicht zu sehr auf das vermeintlich naheliegende zu vertrauen und immer den jeweiligen Herkunftsort mit einzubeziehen. Dramatische Fälle von Fehlbehandlungen zeigte er auf, bei denen vermeintlich alles richtig gemacht wurde – richtig für einen Menschen, der Mitteleuropa nicht verlassen hat. Großen Raum nahm auch die Tuberkulose ein, die viele Gesichter haben kann und daher schwer zu identifizieren ist.

Mit Blick auf die Sorge von Eltern, die ihre Kinder in Kindergärten und Schulen in Kontakt mit Kindern aus Krisenländern wissen, konnte der Tropenmediziner Entwarnung geben: „Kinder, die eine belastende Flucht hinter sich haben, erleiden besonders häufig in engen Gemeinschaftsunterkünften Infektionskrankheiten.“ Sie seien eine gefährdete Gruppe und keine Gruppe, von der Gefahr ausginge. So hätte bei dem Masern-Ausbruch in Berlin die Migrantenkinder aus unterentwickelten Ländern keine Rolle gespielt. Diese Epidemie hätte mit Impflücken in der deutschen Bevölkerung zu tun gehabt.

Was die Ärzte der Region umtreibt, offenbarte dann auch die abschließende Podiumsdiskussion. Intensiv wurden die relevanten Aspekt von Dr. med. Michael Klock, Dr. med. Mathias Buschhaus, Dr. Reinhard Beckmann und Dr. Christoph Grabe mit dem Referenten diskutiert. Das Krankheits-Screening in der Region, welches für Flüchtlinge angewandt wird, wurde dabei von Prof. Junghanss ausdrücklich gelobt. Im Ablauf der Diagnostik wurde häufig ein Kommunikationsproblem ausgemacht. Damit seien jedoch nicht die sprachlichen Hürden gemeint, für die sich fast immer eine Lösung finden ließe. Vielmehr sei es die oft verkürzte, schnoddrige Weitergabe von Informationen an die Kollegen und Labore. Scherzhaft wurde da die Handschrift des Arztes ins Feld geführt, die seit jeher einen besonderen Ruf genieße.

Am Ende waren sich die Anwenden einig, dass noch viel Aufklärungsarbeit nötig ist und dass der vielfach unbegründeten Ängste in der Bevölkerung durch Information entgegengetreten werden muss.

Quelle/Symbolbild: St. Marien-Krankenhaus Siegen

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