Wenn das Müssen müssen zum Problem wird

Frau mit Toilettenpapier

Diakonie-Patientenforum: Bei der Behandlung von Inkontinenz ist vor allem Geduld gefragt

Siegen. Laien mögen darüber schmunzeln. Für Betroffene ist es aber gar nicht lustig. Und da früher oder später aus jedem Laien ein Betroffener werden kann, sind frühzeitige Informationen über Probleme mit Harndrang, Schließmuskel, Beckenboden, Blase und Darm bedeutsam. Dass man die komplexen Zusammenhänge und Steuerungsmechanismen des Menschen beim Thema Kontinenz verständlich erklären kann, bewiesen die Chefärzte aus Urologie, Gynäkologie und Chirurgie beim Patientenforum von Fortbildungszentrum und Diakonie Klinikum in der Diakonie in Südwestfalen.

“Inkontinenz ist ein Tabuthema”, begrüßte Urologe Dr. Peter Weib die Gäste im Haus Obere Hengsbach, um dieses Thema denn auch gleich zu enttabuisieren. Der Kopf und das Rückenmark steuern automatische Prozesse. Doch wenn an der zentralen Stelle etwas nicht funktioniert, kann das Auswirkungen auf die Blase haben. Für die richtige Behandlung ist daher wichtig, in jedem Einzelfall die Ursache zu ermitteln. Am besten fachübergreifend. Einen erklärbaren Grund für Störungen wie häufigen, überstürzten oder nächtlichen Harndrang findet sich aber manchmal auch nicht. Denn neben messbaren Gründen existierten eben auch Ursachen, die schwieriger zu diagnostisieren sind. Weib erläuterte den Besuchern auch eine Therapieform mit dem Nervengift Botox, die für die Behandlung der überaktiven Blase nun zugelassen ist. Der Chefarzt: “Eine sinnvolle Ergänzung, aber kein Allheilmittel.”

Informierten beim Patientenforum des Diakonie Klinikums über Ursachen, Prävention und Behandlungsmethoden bei Inkontinenz (von links): Dr. Peter Weib, Dr. Volker Müller, Ingrid Wagener, Sabrina Wohlfahrt, Bernd Ginsberg und Dr. Marius Passon.
Informierten beim Patientenforum des Diakonie Klinikums über Ursachen, Prävention und Behandlungsmethoden bei Inkontinenz (von links): Dr. Peter Weib, Dr. Volker Müller, Ingrid Wagener, Sabrina Wohlfahrt, Bernd Ginsberg und Dr. Marius Passon.

Gynäkologe Dr. Volker Müller ging in seinem Vortrag auf Anatomie und Physiologie ein. Er erklärte, wie Blase, Harnröhre oder Beckenmuskeln funktionieren. So arbeitet der Beckenboden wie ein Trampolin, besteht aus Muskeln und Bändern. In ihm befinden sich Öffnung und Verschluss von Blase und Darm. Wenn Bänder im Beckenboden überdehnen, kann es zu Störungen mit Symptomen wie Harndrang, Druckgefühl, Blasenentzündungen oder Schmerzen beim Stuhlgang kommen. Müller erörterte verschiedene Therapieformen, betonte jedoch: “Man kann nicht sagen, für alle Patienten macht man das Gleiche.” Er appellierte zu Geduld. “Es geht nicht mit einem Klack”, sagte Müller. Man müsse Dinge ausprobieren. Bei einer guten Diagnostik betragen die Heilungschancen jedoch über 80 Prozent.

“Eine genaue Untersuchung erspart häufig einen langen Leidensweg”, unterstrich auch Dr. Marius Passon. Der Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg verdeutlichte, warum nicht immer der Schließmuskel an der Inkontinenz schuld sein muss. Stomatherapeut Bernd Ginsberg vom gleichnamigen Unternehmen präsentierte den Gästen diverse Hilfsmittel.

Ingrid Wagener und Sabrina Wohlfahrt vom Ambulanten Rehabilitationszentrum Siegen (ARZ) luden die Gäste zu praktischen Übungen ein, um den Beckenboden zu trainieren und die Muskelspannung wahrzunehmen.

Quelle: Diakonie Südwestfalen
Oberes Foto: © photo 5000 – Fotolia.com

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