Antikörper gegen Migräne

Etwa jeder zehnte leidet unter Migräne. Arzneien lindern bislang nur die Symptome, Anfälle verhindern sie kaum. Viele Medikamente sind mit Nebenwirkungen verbunden. Nun lässt eine neue Studie aufhorchen: Antikörper könnten eine neue Ära in der Migränetherapie einleiten. „Nach einmaliger intravenöser Gabe eines bestimmten Antikörpers nahm die Zahl der Migränetage geringfügig, aber statistisch signifikant stärker ab als unter einem Scheinmedikament“, erklärt Privat-Dozentin Dr. Stefanie Förderreuther von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft.

An der aktuellen Studie, die eine Arbeitsgruppe um David W. Dodick, Professor für Neurologie an der Mayo Clinic Arizona, Scottsdale, in der Fachzeitschrift The Lancet Neurology veröffentlicht hat, hatten 163 Patienten zwischen 18 und 55 Jahren teilgenommen, die in einem Zeitraum von 28 Tagen jeweils zwischen 5 und 14 Tagen an Migräne litten. Während der einen Hälfte der Patienten randomisiert eine einmalige intravenöse Dosis von 1000 Milligramm des Antikörpers verabreicht wurde, erhielt die andere Hälfte ebenfalls intravenös ein Placebo. Die Wirksamkeit des Antikörpers beträgt circa drei Monate. Etwa zur Mitte hin hatte sich dieser als signifikant wirksamer erwiesen. Er reduzierte die Zahl der Migränetage in diesem Zeitraum um 5,6 gegenüber 4,6 Migränetagen unter Placebo.

Weniger Migränetage durch Antikörper

Bei der jetzt veröffentlichten Studie handelt es sich bereits um die zweite Arbeit von Dodick und Kollegen, in der von einer signifikanten Reduktion der Migränetage durch einen Antikörper berichtet wird. Schon länger wurde vermutet, dass eine Blockade dieses Peptids Attacken verhindern könnte. Doch traten als Nebenwirkung eine Beeinträchtigung der Leberfunktion bei wenigen Studienteilnehmern auf.

Die aktuelle Untersuchung hat nun primär die Sicherheit des Antikörpers getestet. Dabei fanden sich keine Unterschiede in den Nebenwirkungen, Vitalzeichen oder Laborwerten zwischen der Verum- und der Placebo-Gruppe. Einschränkend muss jedoch gesagt werden, dass obwohl Antikörper die Blut-Hirn-Schranke normalerweise nicht überwinden können, noch nicht klar ist, ob diese Barriere bei heftigen Migräneattacken intakt bleibt.

Zu den Besonderheiten dieser Antikörper-Therapie zählte es, dass die volle Dosis als einmalige Gabe unmittelbar zu Beginn der Studie verabreicht wurde. Der primäre Endpunkt wurde aber erst in den Wochen 5 bis 8 ermittelt. Zu den sekundären Endpunkten zählte die Reduktion der Migränetage in den Wochen 1 bis 4 sowie in den Wochen 9 bis 12, wobei die Differenz zu Placebo im frühen Zeitraum 1,7 Tage betrug und im späten Zeitraum 1,0 Tage. Insgesamt elf Patienten waren in den ersten zwölf Wochen der Studie komplett frei von Migräneattacken – sie alle waren mit dem Antikörper behandelt worden.

Bei allen weiteren sekundären und tertiären Endpunkten – Migräneepisoden, Migränestunden, Schwere der Migräne, Kopfschmerzhäufigkeit etc. – hätten die Resultate eine numerische Überlegenheit des Antikörpers gegenüber Placebo ergeben, so berichten die Autoren. Allerdings verzichteten sie darauf, die statistische Signifikanz dieser Unterschiede zu testen. Auch wurde in der aktuellen Studie die Wirkung der Antikörper nicht im Vergleich mit anderen gängigen Medikamenten zur Migräneprophylaxe getestet.

Was die Sicherheit über einen längeren Zeitraum angeht, so müssten also noch weitere Daten erhoben werden.

Text: Christian Kreuzberg/DGN
Foto: © Maridav – Fotolia.com

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