Prostatakrebs: Schonendes Verfahren, sicherere Diagnosen

Die MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie ist ein vergleichsweise neues Verfahren, das in der Urologie im Diakonie Klinikum Jung-Stilling angewendet wird. Die Untersuchung könnte Gewebeproben bei dem Verdacht auf Prostatakrebs aussagekräftiger – manche sogar unnötig machen und helfen, weniger Tumoren zu übersehen.

Diagnostik

Hohe Nachfrage für Fusionsbiopsie im Siegener Diakonie Klinikum Jung-Stilling

Siegen. Ein vergleichsweise neues Verfahren in der Tumordiagnostik könnte Gewebeproben bei dem Verdacht auf Prostatakrebs aussagekräftiger und manche sogar unnötig machen. In der Urologie des Diakonie Klinikums Jung-Stilling in Siegen setzt Dr. Peter Weib die sogenannte Fusionsbiopsie bereits ein. Der Chefarzt ist überzeugt: „Die Fusionsbiopsie ist die Zukunft in der Diagnostik von Prostatakrebs.“ Die Nachfrage ist groß. Innerhalb eines Jahres hat sich die Zahl der Patienten verdreifacht.

Die MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie kombiniert MRT- mit Ultraschallbildern und ermöglicht es dem Arzt dadurch, Gewebeproben aus Bereichen der Prostata zu entnehmen, die sichtbar verändert sind. Im Diakonie Klinikum setzt Chefarzt Dr. Peter Weib das Verfahren seit 2016 ein. Urologen erhoffen sich für Männer, die an Prostatakrebs erkrankt sein könnten, weniger Geschwüre zu übersehen, weniger Überdiagnosen zu stellen, die Infektionszahlen zu reduzieren und schonender untersuchen zu können. Angewendet wird das Verfahren, wenn bei einem Patienten der Verdacht auf Prostatakrebs besteht. Hinweise auf einen bösartigen Tumor des etwa kastaniengroßen Organs können eine Tastuntersuchung oder ein erhöhter PSA-Wert liefern. Bei der Tastuntersuchung tastet der Arzt vom Enddarm aus die Prostata ab, um zu fühlen, ob sie verändert ist. Der PSA-Wert kann über eine Blutprobe festgestellt werden und gibt die Konzentration des Prostata-spezifischen-Antigens an. Die Prostata produziert dieses Eiweiß vermehrt, wenn sie beispielsweise entzündet oder von Krebs befallen ist.

Um den Befund abzuklären, nutzen Urologen bislang zumeist eine sogenannte Zwölffach-Biopsie. Dabei führen sie eine Ultraschallsonde in den Enddarm ein und entnehmen dann mit Nadeln zwölf Gewebeproben aus der Prostata. Das Verfahren hat Nachteile. Bis zu 50 Prozent der Tumoren werden übersehen oder können nicht nachgewiesen werden. Dann bleibt den Ärzten nichts anderes übrig, als die ganze Prozedur zu wiederholen. Zudem können sie oft nicht richtig einschätzen, wie aggressiv der Tumor ist. Das führt zu Überdiagnosen und es werden möglicherweise Therapien eingeleitet, die nicht zwingend erforderlich sind. „Bei weniger aggressiven Tumoren kann es ausreichend sein, sie einfach gut im Auge zu behalten“, sagt Weib.

Findet der Urologe bei der herkömmlichen Biopsie kein verändertes Gewebe, kann er als ergänzende bildgebende Diagnostik eine sogenannte multiparametrische MRT-Untersuchung (mpMRT) durchführen. Anhand dieser speziellen hochauflösenden Bilder kann er die Prostata besonders gut beurteilen. Entdeckt er so verändertes Gewebe, kommt die MRT-Ultraschall-Fusionsbiospie ins Spiel. Dafür stellen Radiologen die tumorverdächtigen Bereiche dar und markieren sie. Die Aufnahmen müssen in einer bestimmten Art und Weise aufgenommen und verarbeitet werden. Im nächsten Schritt werden sie mit Ultraschallbildern verbunden. Wie auch bei der herkömmlichen Zwölffach-Biopsie, macht der Arzt einen transrektalen Ultraschall. Jedoch wird nun das Live-Ultraschallbild von den mpMRT-Aufnahmen überlagert. Auf diese Weise stehen dem Urologen während der Probenentnahme MRT- und Ultraschallbilder in anatomischer Übereinstimmung zur Verfügung und er kann gezielt Gewebeproben aus den auffälligen Bereichen entnehmen.

Wenn bei der mpMRT-Untersuchung keine verdächtigen Stellen zu sehen sind, kann eventuell sogar komplett auf eine Gewebeprobe verzichtet werden. Das ist bei etwa einem Drittel der untersuchten Männer der Fall. Weil das Verfahren noch relativ neu ist und es deshalb noch keine Langzeitstudien gibt, ist noch nicht wissenschaftlich erwiesen, ob mit dem alleinigen Einsatz der gezielten Biopsien mehr, weniger oder genauso viele Prostatatumoren erkannt werden, als mit dem herkömmlichen Verfahren. „Die aktuelle Fachliteratur geht davon aus, dass die alleinigen gezielten Biopsien genauso viele Tumoren nachweisen, aber durch die vorangegangene mpMRT-Untersuchung bei weniger Männern überhaupt eine Gewebeprobe entnommen werden muss“, sagt Weib.

Die gesetzlichen Krankenkassen haben die MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie der Prostata bisher noch nicht in ihren Leistungskatalog aufgenommen. Das heißt Patienten müssen die Untersuchung selbst bezahlen. Eine Kostenübernahme muss immer individuell geklärt werden.

 

Quelle: Diakonie

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