Nein zu Alkohol
DRK-Kinderklinik ruft aufgrund deutlich gestiegener Versorgungszahlen in 2018 zum bewussten Umgang mit Alkohol auf
Statistisch gesehen hat die Zahl der jugendlichen Komasäufer, die vom Rettungsdienst oder Freunden in die DRK-Kinderklinik Siegen eingeliefert werden, in 2018 stark zugenommen. Während es 2014 noch insgesamt 54 Patientinnen und Patienten unter 18 Jahren waren, die wegen Alkoholintoxikation von den Fachkräften der DRK-Kinderklinik versorgt werden mussten, ist man im Jahr 2018 inzwischen bei 74 Jugendlichen angelangt, die stationär aufgenommen wurden. Dies entspricht einem Anstieg von mehr als einem Drittel. Dabei handelt es sich um Patienten, die aus dem gesamten Einzugsgebiet der Kinderklinik, somit auch aus den umliegenden Kreisen, zur Erstversorgung nach Siegen gebracht wurden.
„Das mag im Vergleich zu den Zahlen bei Erwachsenen in der Region immer noch keine dramatisch hohe Zahl sein, uns jedoch ist es Anlass genug, wie schon in den Jahren zuvor darauf hinzuweisen, dass der Umgang mit Alkohol bei Jugendlichen doch maßvoller erfolgen sollte“, so Kliniksprecher Arnd Dickel.
Denn leider ist es seit Jahren nicht nur die Gesamtzahl, die aus Sicht der Klinik bedenklich erscheint. Vielmehr erkennt man auf dem Wellersberg auch andere Tendenzen, die zum Nachdenken und zum Auseinandersetzen mit dem Thema „Alkohol und Jugend“ anregen. So belegen die internen Statistiken der DRK-Kinderklinik, dass inzwischen ein nahezu ausgeglichenes Geschlechterverhältnis bei den behandelten Patienten vorliegt. Hier sind eben in den letzten Jahren deutlich mehr Mädchen als Betroffene hinzugekommen. Das Einstiegsalter ist zudem immer jünger geworden. 13-jährige Patienten nach übermäßigem Alkoholgenuss mit schweren Symptomen sind wie seit Jahren leider auch in 2018 wieder aufgefallen.
Seitens der Klinik spricht man ein Problem bei der Entwicklung noch konkreter an: „Jugendliche sollten sich hier nicht dem Gruppenzwang beugen und auch eine Stärke aus dem „Nein zu Alkohol“ für sich ableiten.“
Neben der medizinischen Versorgung, die zuweilen aufwendiger ausfällt, arbeitet die Klinik seit vielen Jahren erfolgreich zusammen mit den Mitarbeitern des Projektes „HaLT“ (Hart am LimiT) des Kreises Siegen-Wittgenstein, um aktiv etwas gegen diese Entwicklung zu tun. Diese bieten Jugendlichen und deren Eltern Unterstützung im Nachgang zu solchen Vorfällen an. Hier wünschen sich alle Beteiligten eine höhere Nutzung dieses kostenlosen Angebotes, da es immer hilfreich sein kann, mit einer neutralen Person die Situation zu klären. Selbstverständlich unterliegen auch die Mitarbeiter/innen im Projekt der Schweigepflicht.
Da ein früher Einstieg bzw. ein starker Missbrauch die Entwicklung der Jugendlichen durchaus langfristig negativ beeinflussen kann, appelliert man seitens der Klinik nun vor der Karnevalszeit an die Eltern, die Jugendlichen und die Öffentlichkeit, sensibler mit dem Thema Alkoholgenuss unter 18 Jahren umzugehen.
Entwicklung der Patientenzahlen
2011 – 53 (davon 4 x intensivmedizinische Versorgung)
2012 – 63 (davon 3 x intensivmedizinische Versorgung)
2013 – 36 (davon 1 x intensivmedizinische Versorgung)
2014 – 54 (davon 1 x intensivmedizinische Versorgung)
2015 – 48 keine Angaben, aber: 2 Wiederholungstäter darunter
2016 – 67 (34 Mädchen, 33 Jungs)
2017 – 64 (31 Mädchen, 33 Jungs)
2018 – 74 nahezu gleichverteilt über die Geschlechter
Nachfolgend dazu ein paar Tipps der BZgA:
- Der Grundstein wird am Anfang gelegt
Die Erziehung zur Unabhängigkeit beginnt im Kleinkindalter, lange bevor Alkohol oder andere Drogen tatsächlich ins Spiel kommen. Ein gutes Selbstwertgefühl und eine stabile Persönlichkeit sind der beste Schutz gegen Abhängigkeit. Kinder brauchen die Unterstützung ihrer Eltern, um beides entwickeln zu können. Nur wenn sie sich geliebt, anerkannt, geborgen und für voll genommen fühlen, können sie lernen, sich selbst ernst zu nehmen und ihr Leben aktiv zu gestalten.
- Eltern sind Vorbilder
Mütter wie Väter tragen viel zur Vorbeugung bei, indem sie ihrem Kind genau das vorleben, was sie sich von ihrem Kind wünschen: dass Alkohol kein Gewohnheitsgetränk und kein Lebensmittel ist. Ein weiterer Schritt ist es, sich selbst und den eigenen Alkoholkonsum immer mal wieder zu hinterfragen und zu prüfen – und dem Kind auch zu erzählen, warum man diese Woche statt des gewohnten Feierabendbiers Mineralwasser oder Saft trinkt.
Fast jedes fünfte Kind wächst in einer suchtbelasteten Familie auf; das Erleben von Alkoholproblemen in der Kindheit erhöht das Risiko, im späteren Leben selbst Alkoholprobleme zu entwickeln. Wenn Sie als Elternteil also verantwortungsvoll und maßvoll mit Alkohol umgehen, schaffen Sie eine wichtige Grundlage dafür, dass Ihr Kind das später auch tun wird.
- Setzen Sie eine klare Grenze
Je eher Kinder beginnen, Alkohol zu trinken, desto größer ist die Gefahr, dass sie zu gewohnheitsmäßigen Alkoholkonsumenten werden, woraus wiederum eine Abhängigkeit erwachsen kann. Eltern haben Einfluss auf ihre Kinder, diesen sollten sie nutzen und geltend machen: indem sie ihre Verantwortung wahrnehmen, Stellung beziehen und möglichst lange verhindern, dass ihr Kind bei Familienfeiern Alkohol trinkt. Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren – auch bei „Besuchskindern“ – müssen Sie in Ihren eigenen vier Wänden nicht dulden. Diese Altersgrenze zieht auch das Jugendschutzgesetz: In der Öffentlichkeit darf Alkohol weder an unter 16-Jährige abgegeben noch von ihnen getrunken werden.
- In Kontakt bleiben
Versuchen Sie, im Gespräch mit Ihrem Kind zu bleiben, auch wenn dies vor allem in den Jahren der beginnenden Pubertät schwierig sein kann. Ihr Kind setzt sich mit vielen Fragen und Themen auseinander und beginnt, die eigene Persönlichkeit zu finden und zu entwickeln. Es kann sein, dass Tage der Harmonie vorübergehend Seltenheitsfaktor haben, dennoch braucht Ihr Kind Sie, Ihre Präsenz und Ihr Interesse. Signalisieren Sie, dass Sie jederzeit offen sind für Fragen.
- Über Alkohol informieren
Abschreckung hat sich als Konzept der Vorbeugung nicht bewährt. Auch Kinder sollten jedoch wissen, wie Alkohol wirkt, und altersgemäß informiert sein. Schon kleine Kinder können verstehen, dass zu viel Alkohol gefährlich ist und krank macht. Älteren Kindern sollte bekannt sein,
– welche Risiken mit häufigem und exzessiven Alkoholtrinken verbunden sind
– wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol aussieht
– und warum sie bestenfalls ab 16 Jahren Alkohol trinken sollten und wenn, dann höchstens gelegentlich und sehr mäßig.
Das Info-Telefon zur Suchtvorbeugung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt Ihnen gerne Auskunft: 02 21/89 20 31, Mo.- Do.10-22 Uhr, Fr. – So. 10-18 Uhr