Herausforderung „Seltene Erkrankung“ wird von Spezialisten der DRK-Kinderklinik Siegen gerne angenommen

Kinderklinik weißt zum Tag der seltenen Erkrankungen am 28.02.2022 auf Versorgungsangebote für Betroffene hin

SPZ der DRK-Kinderklinik Siegen anlässlich des Angelman-Syndrom Tages in blaues Licht gehüllt

Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis – nie gehört? Kein Wunder, denn bei dieser Diagnose handelt es sich um eine der vielen sogenannten „Seltenen Erkrankungen“, die im Vergleich zu häufig diagnostizierten Krankheiten wie etwa dem Diabetes Typ 1als Diagnose eher rar sind. Bei uns gilt eine Erkrankung dann als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Konkret gibt es inzwischen mehr als 6.000 unterschiedliche „Seltene Erkrankungen“, die Gesamtzahl der Betroffenen trotz der Seltenheit der einzelnen Erkrankungen ist hoch.

Allein bei uns in Deutschland leben geschätzt rund vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung (SE), in der gesamten EU geht man von 30 Millionen Menschen aus. Darunter sind vielfach auch Kinder und Jugendliche, bei denen eine Erstvorstellung unter anderem in der Siegener Kinderklinik erfolgt.

In der Abteilung Neuropädiatrie von Chefarzt Dr. Burkhard Stüve wer-den Patienten aus dem gesamten Spektrum der Kinderneurologie ambulant und stationär versorgt, v.a. Kinder mit Epilepsie, neuromuskulären und genetischen Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen sowie Entzündungen des Gehirns und peripherer Nerven. Neben den erregerbedingten Entzündungen des Gehirns (Meningitis, Enzephalitis) werden international in den letzten Jahren auch vermehrt Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems diagnostiziert, darunter z.B. eine Enzephalitis mit Nachweis von Antikörpern gegen den NMDA-Rezeptor. Hier geht man laut Studienlage von etwa 2,2 Betroffenen pro 1 Mio. Einwohner im Jahr aus, also ebenfalls eine sehr seltene Erkrankung.

Eine in der Siegener Kinderklinik kürzlich damit diagnostizierte und erfolgreich behandelte 8-jährige Patient stellte sich auf Überweisung des Kinderarztes mit zunächst unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen wie Abgeschlagenheit, erhöhtem Schlafbedürfnis, Appetitlosigkeit und Apathie vor, während des stationären Aufenthaltes kamen zusätzlich Sprachverlust, Desorientiertheit, Wesensänderung, Einschränkung der motorischen Fähigkeiten, eine Schlafstörung sowie Halluzinationen hinzu.

Symbolbild: Ableitung eines EEG bei einem jungen Patienten der Neuropädiatrie

„Durch den Nachweis von NMDA-Rezeptor-Antikörpern im Blut und Hirnwasser (Liquor) in einem Speziallabor konnte die Diagnose gestellt und eine immunologische Therapie zunächst mit Cortison und Immunglobulinen, im Verlauf auch mit Rituximab, einem monoklonalen Antikörper gegen bestimmte Blutzellen, begonnen werden. Darunter kam es über mehrere Wochen zu einem vollständigen Verschwinden der Symptome und anhaltender Beschwerdefreiheit“, erläutert Chefarzt Dr. Stüve den seltenen Patientenfall aus jüngster Vergangenheit.

Um mehr Informationen über diese seltene Erkrankung zu sammeln, wurde die Patientin anonymisiert mit Einwilligung der Eltern in ein nationales Patientenregister eingeschlossen.

Die autoimmunologisch bedingten Entzündungen des Gehirns treten zwar insgesamt sehr selten auf, dürfen aber wegen der teilweise guten Behandelbarkeit nicht übersehen werden. Die Herausforderung besteht laut Chefarzt und Neuropädiater Dr. Stüve darin: „diese Kinder mit anfangs oft unspezifischen Symptomen wie Wesensänderung oder Leistungsminderung zu identifizieren und die notwendigen Untersuchungen zu veranlassen.“

Um genau diesen Betroffenen, die über alle seltenen Erkrankungen gerechnet, doch wieder eine hohe Zahl darstellen, ein wenig mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu verschaffen, nutzt die DRK-Kinderklinik Siegen den Tag der Seltenen Erkrankungen am 28. bzw. 29.02. eines jeden Jahres, um auf entsprechende Versorgungsange-bote hinzuweisen. Wichtig in dem Zusammenhang ist aus Sicht der Spezialisten für kindliche Erkrankungen der Hinweis, möglichst alle U-Untersuchungen für Kinder und Jugendliche beim niedergelassenen Kinderarzt wahrzunehmen. Denn genau bei diesen Vorsorgeuntersuchungen können u.a. auch besondere Beschwerden oder Veränderungen diagnostiziert und eben in Zusammenarbeit mit den Fachärzten der Klinik möglichst frühzeitig behandelt werden.

Die „Us“ sind in den meisten Bundesländern keine Pflicht. Es gibt jedoch in einigen Bundesländern eine ärztliche Meldepflicht für Vorsorgeuntersuchungen sowie eine entsprechende Erinnerung der Eltern, wenn eine U versäumt wurde. Die Ergebnisse einer U-Untersuchung werden jeweils in einem Untersuchungsheft festgehalten, das jedes Kind nach der Geburt erhält. Die Kosten für die entsprechende Vorsorgeuntersuchung werden von den Krankenkassen getragen.

Blaulicht für Betroffene

Information und Aufklärung, Unterstützung und Entlastung machen Betroffenen und ihren Angehörigen das Leben leichter. Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Beteiligung der Menschen mit Seltenen Erkrankungen stärken ihr Selbsterleben und ihre Selbstwirksamkeitserfahrung.

Am 15. Februar wurden daher weltweit Aktionen durchgeführt, um das Angelman-Syndrom bekannter zu machen, u.a. indem Gebäude blau angestrahlt wurden. Auch im Siegerland haben sich einige Einrichtungen wie das SPZ der DRK-Kinderklinik Siegen daran beteiligen.

Um eine breitere Öffentlichkeit auf Menschen mit Seltenen Erkrankungen aufmerksam zu machen, gibt es den „Tag der Seltenen „Erkrankungen“, bezeichnenderweise am 29. Februar, in Nicht-Schaltjahren am 28. Februar.

Quelle/Bilder: DRK-Kinderklinik Siegen gGmbH

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